Die Liga kritisiert die pauschale Verurteilung von Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Häufig würden diese Menschen als faul abgestempelt, ohne ihre tatsächliche Lebenssituation zu berücksichtigen. Dabei ist es eine gesellschaftliche Realität, dass eine Gemeinschaft nur so stark ist wie ihre schwächsten Mitglieder. „Statistiken zeigen klar, dass eine Gesellschaft nur dann stabil bleibt, wenn die Einkommensunterschiede zwischen Arm und Reich gering sind“, betont die Liga.
Was bedeutet Armut?
Laut Definition gilt jemand als arm, wenn er oder sie weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hat. Diese Schwelle variiert je nach Region und der dortigen Verteilung von Wohlstand. „Für mich zeigt sich Armut zum Beispiel darin, wenn Familien sich keinen Kindergeburtstag leisten oder nicht in den Urlaub fahren können“, erklärt Alexander Breisacher, Kreisgeschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Emmendingen. Denis Deiser, Geschäftsführer der AWO, fügt hinzu: „Besonders sichtbar wird die Altersarmut in Pflegeeinrichtungen. Die finanzielle Not vieler Senior*innen ist erschütternd.“
Vielfältige Gruppe der Leistungsempfänger*innen
Wer sind die Leistungsempfänger*innen? Diese Gruppe ist äußerst heterogen. Sie umfasst Menschen, die erwerbsunfähig sind, aber auch solche, die arbeitsfähig sind, jedoch aufgrund von schwierigen Lebensumständen keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Dazu gehören auch viele Frauen, die sich in der sogenannten Care-Arbeitsfalle befinden – sie widmen sich der unbezahlten Arbeit wie der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen und sind später häufig von Altersarmut betroffen.
Bürgergeld und Sozialbudget
Trotz der hitzigen Diskussionen macht das Bürgergeld nur vier Prozent des Sozialbudgets aus. „Es stellt sich die Frage, wie sinnvoll es ist, hier weiter zu kürzen“, sagt Anja Alexandersson. Norbert Köthnig, Sprecher des Paritätischen geht noch weiter: „Ich bin stolz darauf, in einem Sozialstaat zu leben. Soziale Teilhabe ist ein grundlegender Pfeiler unserer Demokratie. Und dafür zahle ich gerne meine Steuern.“ Der Fokus auf die positiven Aspekte unseres Sozialsystems, wie das moderne Teilhabegesetz, fehlt jedoch oft in der öffentlichen Debatte.
Sorge vor Rechtsruck und Stigmatisierung
Die Liga äußert zudem ihre Besorgnis über die zunehmende Ausnutzung der Unsicherheiten und Ängste der Menschen durch rechtspopulistische Strömungen. Besonders kritisch sehen die Verbände die jüngsten Einwanderungsregelungen, die sie als eine Belastung „auf dem Rücken der Schwächsten“ empfinden. Die neu eingeführte Bezahlkarte für Migrant*innen sei ein Beispiel für Stigmatisierung, das das eigentliche Problem nicht lösen werde.
Klare Forderung: Verantwortung der Politik und Gesellschaft
Die Liga der freien Wohlfahrtsverbände appelliert eindringlich an Medien und Politik, gegen die zunehmende Stimmungsmache vorzugehen. „Es ist die Verantwortung von uns allen, ein gerechteres und solidarischeres Miteinander zu fördern“, so der abschließende Appell der Runde.
Auf dem Foto: Die Liga der freien Wohlfahrtsverbände des Landkreis Emmendingen: v.r.n.l.: Norbert Köthnig (der Paritätische), Denis Deiser (AWO), Rainer Leweling (Caritas Verband), Anja Alexandersson (Diakonisches Werk), Alexander Breisacher (DRK)