Roland (Name geändert) ist schon jahrelang als Einsatzkraft unterwegs. Er hat schon viele schlimme Notfalleinsätze miterlebt. „Ich war immer ein Schaffer, jemand, der das alles weggepackt hat, seit ich denken kann“, erzählt er. „Wir sind hart im Nehmen und eigentlich wissen wir, wie wir mit solchen Situationen umgehen müssen.“ Doch eines Tages kommt ein Einsatz, der nicht mal im Ansatz an die schweren erinnert, bei denen er dabei war, der aber als kleiner Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt. „Es war, als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen“, erinnert er sich. Die leitende Einsatzkraft erkennt seinen Zustand und alarmiert sofort die Notfallnachsorge. Bettina Sekler-Greul und Peter Zimmermann, beides Teamleitungen der PSNV, werden benachrichtigt. Sie haben beide die Zusatzausbildung für die Betreuung von Einsatzkräften. „Wenn wir zu einem Notfall gerufen werden, dann begleiten wir die Betroffenen, so wie diese es gerade brauchen“, erklärt Bettina Sekler-Greul. „Wir bleiben, wenn gewünscht, bis das eigene Netzwerk greift und auffängt. Wir sind da und hören zu.“ Deshalb werden sie auch oft die „Stillen Helfer“ genannt. „Bei den Einsatzkräften haben wir allerdings ein anderes Bild“, fügt Peter Zimmermann hinzu. „Deshalb ist eine zusätzliche Ausbildung unbedingt notwendig.“
Die Ausbildung nennt sich „Ausbildung PSNV E (Peer)“ und dauert 60 Stunden. „Eine Einsatzkraft, egal ob haupt- oder ehrenamtlich, hat eine ganz andere Betroffenheit, als beispielsweise direkte Angehörige“, so Zimmermann. „Sie sehen die Person, der sie nicht mehr helfen können und die Personen, die in Schock sind und trauern.“ So erging es auch Roland. Immer wieder hatte er solche Situationen: „Man denkt schon darüber nach, aber dann kommt wieder der Alltag und der nächste Einsatz und man schiebt das wieder beiseite. Bei schlimmen Einsätzen kam danach die PSNV dazu. Wir saßen alle zusammen und sie haben uns informiert, wie es uns gehen kann und dass wir, wenn es nötig ist, Hilfe bekommen können.“ Dabei gehen die Einsätze der PSNV viel tiefer. In der Ausbildung bekommen sie erklärt und gezeigt, wie sie die Gruppendynamik deuten und wie sich verschiedene Belastungssymptome äußern können. „Wenn jemand sich komplett zurückzieht und nicht mehr ansprechbar ist oder ein aggressiveres Verhalten zeigt, dann sprechen wir die Personen direkt an“, weiß Sekler-Greul. „Aber sie entscheiden selbst, ob sie Unterstützung wollen.“ Roland hatte sich dagegen entschieden. Heute weiß er, es wäre gut gewesen, hätte er sich öffnen können. „Ich kann jeder Einsatzkraft nur raten: Wenn ihr merkt, dass euch der Einsatz unter die Haut geht, dann sprecht darüber und holt euch, wenn nötig, Hilfe dazu.“
Dabei sind die ersten Stunden nach einem Einsatz entscheidend. Denn 24 oder auch 48 Stunden später kommt meist der Alltag wieder oder der nächste Einsatz. „Dann verdrängen die meisten ihre Erlebnisse, schieben sie weg oder stecken sie in ihrem Gedächtnis in eine Tonne, bis diese irgendwann so voll ist, dass ein Tropfen reicht und sie überläuft“, fügt Peter Zimmermann hinzu. Aber nicht nur in den ersten Stunden kann man sich an die PSNV wenden, auch wer nach einer Woche merkt, dass die Belastung einen nicht mehr loslässt, darf sich jederzeit melden. Bettina Sekler-Greul ergänzt: „Früher ging hier viel über die Notrufnummer 112. Wir haben aber inzwischen eine direkte Durchwahl. Über diese Nummer kann anonym angerufen werden.“
Notrufnummer
für haupt- und ehrenamtliche Einsatzkräfte
anonym